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Marcus Aurelius - Selbstbetrachtungen

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Marcus Aurelius Selbstbetrachtungen

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The Project Gutenberg EBook of Selbstbetrachtungen, by Marc Aurel

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Title: Selbstbetrachtungen

Author: Marc Aurel

Release Date: February 12, 2005 [EBook #15028]

Language: German

*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK SELBSTBETRACHTUNGEN ***

Produced by Distributed Proofreaders

MARC AUREL
SELBSTBETRACHTUNGEN

Deutsche Bibliothek in Berlin

Fr die Deutsche Bibliothek nach der bersetzung von F.C. Schneiderherausgegeben und eingeleitet von Alexander von Gleichen-Ruwurm

Einleitung

Der Philosoph auf dem Kaiserthron gehrt zu den bedeutendsten Mnnerndes ausklingenden Altertums. Marcus Annius Verus wurde den 25. April desJahres 121 n. Chr. Geb. zu Rom geboren wo seine Familie, seit derUrgrovater aus Spanien eingewandert war, sich zu hohem Rangemporgearbeitet hatte. Sorgfltige Erziehung, gepaart mit groerLernbegierde, erschlossen ihm die Wissenschaft seines Jahrhunderts, diein der Philosophie den hchsten, in unserem Sinn sogar den einzigenAusdruck fand. Schon im zwlften Jahr nahm der krftig aufblhendeJngling den weien Mantel und bekundete dadurch, da er auch uerlichzur Kaste der Philosophen gehren wolle.

Streng und ernst gab sich die Weltweisheit des zweiten Jahrhunderts.Entbehrungen, oft bis zum berma gesteigert, wie sie spter zurtypischen Eigenschaft christlicher Asketen wurden, verlangten dieAnhnger der Stoa und sahen in der Abkehr von allen Interessen,Zerstreuungen wie Freuden der Welt die einzig richtige Stellungnahmeeines Weisen den vergnglichen Dingen gegenber.

Zurckgezogen von seinen Altersgenossen, vielleicht ein wenig ostentativin den weien Mantel gehllt, mit den Stoikern Rusticus, Apollonius,Claudius Maximus in anregend erzieherischem Gesprch, wandelte derJngling durch die stillen abgelegenen Grten einer Villa, bis zu derenMauern der Lrm der rmischen Weltstadt brandete. Auf Bitten seinerMutter, die mit Bangen bemerkte, da ihr Sohn unter der Lastselbstauferlegter Entbehrungen blasser und schmchtiger wurde, stellteer seinen Lebenswandel auf gesndere Basis und gesellte den geistigenExerzitien ntzliche, krperliche bungen. Die Herrschaft des gesundenMenschenverstandes, die in den Taten und Schriften des spteren Kaisersso glcklich zum Ausdruck kommt, beginnt schon in den Jnglingsjahren,sobald der einseitige Einflu allzu strenger stoischer Lebensanschauunggemigt erscheint. Den Anhngern der Stoa treten als Lehrer zur SeiteClaudius Severus, der Peripatetiker und der Platoniker Sextus ausChaeronea, ein Enkel Plutarchs. Epiktets nachgelassene, von Arrhianosgesammelte Schriften prgen sich der eindrucksfhigen jungen Seele einund wirken bestimmend auf die ethische Entwicklung des still fr sichHeranwachsenden.

Kaiser Hadrian fand Gefallen an dem ernsten, auerordentlich wahrhaftenPhilosophenschler und veranlate im Jahr 136 dessen Verlobung mit derTochter seines Mitregenten Verus. Als Folge dieser Verlobung ist danndie Adoptierung seitens Antoninus (eines Sohnes des Verus) zubetrachten, der selbst von Hadrian an Kindes Statt angenommen und zumThronfolger ernannt war. Unter dem Namen Marcus Aelius Aurelius Verustrat der junge Denker aus der Verborgenheit auf den Schauplatz dergroen Welt.

Sein Biograph berichtet, da er nur ungern sein beschauliches Lebenverlassen und einen Palast in der Stadt auf Hadrians Befehl bezogenhabe. Doch im Treiben des Hofes, im bewegten politischen Frage- undAntwortspiel, auf dem Forum vor Gericht, bei den Mhen kriegerischerUnternehmungen wuchs und reifte erst die philosophische Saat des herbenjugendlichen Frhlings zu reicher Ernte. Als Kaiser Hadrian am 10. Juli138 zu Baj starb, bestieg Antonin den Thron und berief sofort MarcAurel an seine Seite, ihn in alle Geheimnisse der Regierungskunsteinzuweihen. Die frhere Verlobung wurde aufgehoben und die Vermhlungmit Faustina, der Kaisertochter, gefeiert. Nun war im rmischen Reichjene Zeit angebrochen, die Platos Ideal vom Staate nach einer Richtunghin zu erfllen schien. Zwei Philosophen herrschten gemeinsam, vonedelster, einzig dastehender Freundschaft getragen und frderten whrenddreiundzwanzig friedlicher Jahre Wohlstand und Kultur in bemerkenswerterWeise. Gut bedachte soziale Maregeln glichen manche Hrten aus, eswurde fr vornehm gehalten, gebildet, ja gelehrt zu sein und edleDuldsamkeit herrschte in den Fragen des Glaubens, soweit sie nur denGlauben, nicht aber die politische Bettigung betrafen.

Der gekrnte Apostel der Menschenliebewie Stuart Mill den Kaiser MarcAurel genannt hathoffte nach dem Tod Antonins (im Mrz 161) diefriedliche, sonnige Zeit der Philosophenherrschaft weiter zu fhren undsein Ideal eines Herrschers in sozialer Frsorge zu verwirklichen. Aberdas Schicksal, das ihm einen herrlichen Lebenssommer gewhrt, gab ihmeinen desto strmischeren Herbst. Hungersnot und Pest suchten Rom unddie rmischen Provinzen heim, schwere Kriege mit den Parthern undMarkomanen brachen aus, Aufstnde wie derjenige in gypten vom Jahr 170bildeten drohende Gefahren fr das Reich. Dies alles lenkte vonwohlttiger Friedensarbeit ab und zwang die Arbeit desPhilosophenkaisers auf andere, ihm innerlich fremde Bahnen. Dazu kamenharte Mistimmungen in der eigenen Familie. Faustinas ppiges, man sagtsogar ausschweifendes Leben stand in grellem Gegensatz zu Marc Aurelsanspruchsloser Einfachheit und die ungerechten, oft auf willkrlicherAnmaung beruhenden Handlungen seines Sohnes Kommodus fhrten zuschlimmen Befrchtungen in bezug auf die Zukunft des Reiches.

Stunden der Sorge und der stillen Einkehr im Feldlager oder imkaiserlichen Palast waren es, in denen der alternde Herrscher seineGedanken niederschrieb zum eigenen Trost. Milde Gesinnung, strengeGewissenhaftigkeit und Pflichttreue sind das Zeichen seiner Sinnesweiseund haben die "Selbstbetrachtungen" zu einem Denkmal edlerMenschlichkeit gemacht, das nie veraltet, weil es ein Bekenntnis ohnePose, ohne zeitlich beschrnkten Zweck und ohne Darstellungvergnglicher uerer Tatsachen ist.

Die Handschriften, der Mode entsprechend in griechischer Spracheabgefat, trugen den Titel "[Greek: chatheauton]," was spter mit"Selbstbetrachtungen" wiedergegeben wurde. Nach hartem Tagewerk desAbends beim Schein der unruhig flackernden llampen verfat, bald imLager an der Donau bei Carnunt, bald nach lebhaften, ermdendenSenatssitzungen in Rom, sind Marc Aurels Aphorismen aus der Quelle deswirklichen Lebens geflossen. Starke Taten des Geistes verknden sie undsind Worte eines hohen Herzens.

Ihr Ursprung lt sich nicht verkennen. Als Tagebuch einer gesundenSeele, die stark und fest die Krankheiten des Krpers und die Schlgedes Schicksals von sich abweist, geben sie Kraft und Frieden. Kurz undscharf, klar gefat und manchmal aufleuchtend wie ein Edelstein zeigensie Ruhe des Herzens und Begeisterungsfhigkeit, Vernunft undaufrichtige Liebe fr alles Tchtige. "Sie offenbaren"wie HippolyteTaine sich ausdrckt"die Seele eines groen Dichters, der sichbezwingt, die Augen vom Herrlichen gebannt und im Flsterton vollBewunderung sich selber sagt: Mensch, als Brger dieser groen Stadthast du gelebt; fnf oder drei Jahre, was fichts dich an!"

Die Auffassung des Kaisers ber den Wert des Lebens steht der desfreigelassenen Sklaven Epiktet sehr nahe. Beiden liegen am innigstenjene Lehren der Stoa am Herzen, die sich mit sittlichen und religisenFragen beschftigen. Nicht darauf kommt es dem Kaiser an, da manmglichst viel Wissen anhufe, sondern da man mit dem Gott in dereigenen Brust sich verstndige und ihm in Lauterkeit diene. DiePhilosophie soll in stetem Wechsel der Ereignisse, im Wandel von Glckund Unglck, vergnglichen Sorgen und vergnglichen Freuden einen festenHalt bieten und ein Panzer sein gegen die Eitelkeiten der Welt. IhreAufgabe ist also die Bildung des Charakters und die Beruhigung desGemts. Sie erfllt diese beiden Bedingungen, wenn ihre Anhnger diedrei wichtigsten Punkte des stoischen Systems nie auer Augen lassen:die Lehre vom steten Wechsel, dem Dahinflieen aller Dinge, dann dasBewutsein der Hinflligkeit des Daseins und schlielich die Erkenntnis,da Werden und Vergehen einen Kreislauf bilden, in dem ein Einzelnesnicht Bestand haben kann.

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