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Daniel Kehlmann - Die Vermessung der Welt

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Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt
  • Book:
    Die Vermessung der Welt
  • Author:
  • Publisher:
    Rowolt Taschenbuch Verlag
  • Genre:
  • Year:
    2005
  • Rating:
    5 / 5
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Die Vermessung der Welt: summary, description and annotation

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Mit hintergrndigem Humor schildert Daniel Kehlmann das Leben zweier Genies: Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gau. Er beschreibt ihre Sehnschte und Schwchen, ihre Gratwanderung zwischen Lcherlichkeit und Gre, Scheitern und Erfolg. Ein philosophischer Abenteuerroman von seltener Phantasie, Kraft und Brillanz.

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Die Vermessung der Welt — read online for free the complete book (whole text) full work

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Daniel Kehlmann

Die Vermessung der Welt

Daniel Kehlmann wurde 1975 in Mnchen geboren und lebt in Wien. Fr seine Romane und Erzhlungen, die in mehr als ein Dutzend Sprachen bersetzt wurden, erhielt er zahlreiche Auszeich-nungen, zuletzt den Candide-Preis 2005. Sein Roman Ich und Kaminski wurde international zu einem groen Erfolg.

Frhere Verffentlichungen:

Beerholms Vorstellung. Roman. 1997 Unter der Sonne. Erzhlungen. 1998 Mahlers Zeit. Roman. 1999 Der fernste Ort.

Novelle. 2001 Ich und Kaminski. Roman. 2003

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts machen sich zwei junge Deutsche an die Vermessung der Welt. Der eine, Alexander von Humboldt, kmpft sich durch Urwald und Steppe, befhrt den Orinoko, erprobt Gifte im Selbstversuch, zhlt die Kopfluse der Eingeborenen, kriecht in Erdlcher, besteigt Vulkane und begegnet Seeungeheuern und Menschenfressern.

Der andere, Mathematiker und Astronom Carl Friedrich Gau., der sein Leben nicht ohne Frauen verbringen kann und doch sogar in der Hochzeitsnacht aus dem Bett springt, um eine Formel zu notieren er beweist auch im heimischen Gttingen, da der Raum sich krmmt. Alt, berhmt und auch ein wenig sonderbar geworden, treffen sich die beiden 1828 in Berlin. Doch kaum steigt Gau aus seiner Kutsche, sind sie schon tief verstrickt in die politischen Wirren Deutschlands nach dem Sturz Napoleons.

Mit hintergrndigem Humor beschreibt Daniel Kehlmann das Leben zweier Genies, ihre Sehnschte und Schwchen, ihre Gratwanderung zwischen Lcherlichkeit und Gre, Scheitern und Erfolg. Die Vermessung der Welt ist ein raffiniertes Spiel mit Fakten und Fiktionen, ein philosophischer Aben-teuerroman von seltener Phantasie, Kraft und Brillanz.

Daniel Kehlmann DIE

VERMESSUNG

Roman DER WELT

Rowohlt

1. Auflage September 2005

Copyright 2005 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Satz Adobe Garamond PostScript, InDesign bei Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin Druck und Bindung Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany

ISBN 3 498 03528 2

Die

Vermessung

d

er Welt

Die

Reise

Im September 1828 verlie der grte Mathematiker des Landes zum erstenmal seit Jahren seine Heimatstadt, um am Deutschen Naturforscherkongre in Berlin teil-zunehmen. Selbstverstndlich wollte er nicht dorthin.

Monatelang hatte er sich geweigert, aber Alexander von Humboldt war hartnckig geblieben, bis er in einem schwachen Moment und in der Hoffnung, der Tag kme nie, zugesagt hatte.

Nun also versteckte sich Professor Gau im Bett. Als Minna ihn aufforderte aufzustehen, die Kutsche warte und der Weg sei weit, klammerte er sich ans Kissen und versuchte seine Frau zum Verschwinden zu bringen, indem er die Augen schlo. Als er sie wieder ffnete und Minna noch immer da war, nannte er sie lstig, beschrnkt und das Unglck seiner spten Jahre. Da auch das nicht half, streifte er die Decke ab und setzte die Fe auf den Boden.

Grimmig und notdrftig gewaschen ging er die Treppe hinunter. Im Wohnzimmer wartete sein Sohn Eugen mit gepackter Reisetasche. Als Gau ihn sah, bekam er einen Wutanfall: Er zerbrach einen auf dem Fensterbrett stehenden Krug, stampfte mit dem Fu und schlug um sich. Er beruhigte sich nicht einmal, als Eugen von der einen und Minna von der anderen Seite ihre Hnde auf seine Schultern legten und beteuerten, man werde gut fr ihn sorgen, er werde bald wieder daheim sein, es werde so schnell vorbeigehen wie ein bser Traum. Erst als seine uralte Mutter, aufgestrt vom Lrm, aus ihrem Zimmer kam, ihn in die Wange kniff und fragte, wo denn ihr tapferer junge sei, fate er sich. Ohne Herzlichkeit verabschiedete er sich von Minna; seiner Tochter und dem jngsten Sohn strich er geistesabwesend ber den Kopf.

Dann lie er sich in die Kutsche helfen.

Die Fahrt war qualvoll. Er nannte Eugen einen Versager, nahm ihm den Knotenstock ab und stie mit aller Kraft nach seinem Fu. Eine Weile sah er mit gerunzelten Brauen aus dem Fenster, dann fragte er, wann seine Tochter endlich heiraten werde. Warum wolle die denn keiner, wo sei das Problem?

Eugen strich sich die langen Haare zurck, knetete mit beiden Hnden seine rote Mtze und wollte nicht antworten.

Raus mit der Sprache, sagte Gau.

Um ehrlich zu sein, sagte Eugen, die Schwester sei nicht eben hbsch.

Gau nickte, die Antwort kam ihm plausibel vor. Er verlangte ein Buch.

Eugen gab ihm das, welches er gerade aufgeschlagen hatte: Friedrich Jahns Deutsche Turnkunst. Es war eines seiner Lieblingsbcher.

Gau versuchte zu lesen, sah jedoch schon Sekunden spter auf und beklagte sich ber die neumodische Leder-federung der Kutsche; da werde einem ja noch bler, als man es gewohnt sei. Bald, erklrte er, wrden Maschinen die Menschen mit der Geschwindigkeit eines abgeschos-senen Projektils von Stadt zu Stadt tragen. Dann komme man von Gttingen in einer halben Stunde nach Berlin.

Eugen wiegte zweifelnd den Kopf.

Seltsam sei es und ungerecht, sagte Gau, so recht ein Beispiel fr die erbrmliche Zuflligkeit der Existenz, da man in einer bestimmten Zeit geboren und ihr verhaftet sei, ob man wolle oder nicht. Es verschaffe einem einen unziemlichen Vorteil vor der Vergangenheit und mache einen zum Clown der Zukunft.

Eugen nickte schlfrig.

Sogar ein Verstand wie der seine, sagte Gau, htte in frhen Menschheitsalter oder an den Ufern des Orinoko nichts zu leisten vermocht, wohingegen jeder Dummkopf in zweihundert Jahren sich ber ihn lustig machen und absurden Unsinn ber seine Person erfinden knne.

Er berlegte, nannte Eugen noch einmal einen Versager und widmete sich dem Buch. Whrend er las, starrte Eugen angestrengt aus dem Kutschenfenster, um sein vor Krnkung und Wut verzerrtes Gesicht zu verbergen.

In der Deutschen Turnkunst ging es um Gymnastik-gerte. Ausfhrlich beschrieb der Autor Vorrichtungen, die er sich ausgedacht hatte, damit man auf ihnen her-umklimmen knne. Eine nannte er Pferd, eine andere den Balken, wieder eine andere den Bock.

Der Kerl sei von Sinnen, sagte Gau, ffnete das Fenster und warf das Buch hinaus.

Das sei seines gewesen, rief Eugen.

Genau so sei es ihm vorgekommen, sagte Gau, schlief ein und wachte bis zrn abendlichen Pferdewechsel an der Grenzstation nicht mehr auf.

Whrend die alten Pferde ab- und neue angeschirrt wurden, aen sie Kartoffelsuppe in einer Gastwirtschaft.

Ein dnner Mann mit langem Bart und hohlen Wangen, der einzige Gast auet ihnen, musterte sie verstohlen vom Nebentisch aus. Das Krperliche, sagte Gau, der zu seinem rger von Turngerten getrumt haue, sei wahrhaftig die Quelle aller Erniedrigung. Er habe es immer bezeichnend fr Gottes bsen Humor gefunden, da ein Geist wie seiner in einen krnklichen Krper eingesperrt sei, whrend ein Durchschnittskopf wie Eugen praktisch nie krank werde.

Als Kind habe er schwere Pocken gehabt, sagte Eugen.

Er habe es fast nicht berlebt. Hier sehe man noch die Narben!

Ja richtig, sagte Gau, das habe er vergessen. Er wies auf die Postpferde vor dem Fenster. Eigentlich sei es nicht ohne Witz, da reiche Leute fr eine Reise doppelt so lange brauchten wie arme. Wer Tiere der Post verwende, knne sie nach jeder Etappe austauschen. Wer seine eigenen habe, msse warten, bis sie sich erholt htten.

Na und, fragte Eugen.

Natrlich, sagte Gau, komme das einem, der nicht ans Denken gewohnt sei, selbstverstndlich vor. Ebenso wie der Umstand, da man als junger Mann einen Stock trage und als alter keinen.

Ein Student fhre einen Knotenstock mit, sagte Eugen. Das sei immer so gewesen, und das werde so bleiben.

Vermutlich, sagte Gau und lchelte.

Sie lffelten schweigend, bis der Gendarm von der Grenzstation hereinkam und ihre Psse verlangte. Eugen gab ihm seinen Passierschein: ein Zertifikat des Hofes, in dem stand, da er, wiewohl Student, unbedenklich sei und in Begleitung des Vaters preuischen Boden betreten drfe. Der Gendarm betrachtete ihn mitrauisch, prfte den Pa, nickte und wandte sich Gau zu. Der hatte nichts.

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