uerlichkeiten sind dazu da, um darber hinwegzusehen, denn im kleinsten und seltsamsten Wesen kann das grte Herz schlagen. Wer die Augen aus berheblichkeit verschliet, wird dieses hchste Gut nicht entdecken. Weder in sich noch in anderen.
entnommen aus Das Buch der Weisheiten eines unbekannten Toten, in: Philosophische Sammlungen und Briefe, gelagert im Hundert-Sulen-Tempel Palandiells zu Zamina, Knigreich Rn Ribastur
Zwerge und Gebirge haben eine Gemeinsamkeit: Man kann sie nur mit einem schweren Hammer und unendlicher Ausdauer bezwingen.
Volksweisheit aus der Nebel-Mark im nordstlichen Teil des Knigreichs Idosln, mndlich tradiert
Um eynem wuetenden Zwerg zu entkommen, bedarf es flinker Beine. Und bedenke: Immer muessest du schneller seyn, als seyne geworfene Axt fliegt. Bist du ihm entkommen, veraendere deyn Aussehen. Ihr Gedaechtnis ist toedlich gut. So kann es geschehen, dass nach zwanzig Sonnenzyklen ploetzlich ein Humpen an deynem Kopf zerschellt und grimmiges Zwergengelaechter in deynen Ohren erschallt.
entnommen aus den Aufzeychnungen ueber die Voelker des Geborgenen Landes, deren Eygenheyten und Sonderbarkeyten, Groarchiv zu Viransinsis im Knigreich Taban, verfasst von Magister Folkloricum M. A. Het im Jahr des 4299sten Sonnenzyklus
Der Steinerne Torweg des Nordpasses im Reich des Fnften, Giselbart, im Jahr des 5199sten Sonnenzyklus, Sptsommer
Weier Nebel fllte die Schluchten und Tler des Grauen Gebirges. Die Gipfel der Groen Klinge, der Drachenzunge und der anderen Berge erhoben sich trotzig aus dem Dunst und reckten sich der Abendsonne entgegen.
Zgernd, als frchtete es sich vor den schroffen Felsen, stieg das Gestirn herab und erhellte den Nordpass mit seinem dunkelroten, schwcher werdenden Licht.
Glandallin aus dem Clan der Hammerschlags lehnte sich schnaufend an die grob behauene Wand des Wachturmes und legte die Rechte ber die buschigen schwarzen Brauen, um seine Augen vor der ungewohnten Helligkeit zu schtzen. Der Zwerg war durch den Aufstieg auer Atem geraten, und das Gewicht des dicht geflochtenen Kettenhemdes, der beiden xte und des Schildes drckte schwer auf seine betagten Beine.
Doch Jngere als ihn gab es nicht mehr.
Die Schlacht, welche die neun Clans des Fnften Stamms vor wenigen Tagen gemeinsam in den Stollen geschlagen hatten, hatte zahlreiche Leben gekostet. Der Tod hatte sich vor allem die Jungen, Unerfahrenen gegriffen. Doch ihr Opfer war nicht vergebens: Der unbekannte Feind war vernichtet.
Dennoch starben seine Freunde weiter, weil eine tckische Krankheit umging, von der keiner wusste, woher sie kam. Sie schwchte die Zwerge, lie sie fiebern und raubte ihnen die Kraft, den klaren Blick und die sichere Hand. Und so hatte er als einer der lteren die Pflicht bernommen, in dieser Nacht ber den Steinernen Torweg zu wachen.
Von dem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus fhrte der Pfad durch das Graue Gebirge und weiter in das Geborgene Land, wo Menschen, Elben und Zauberer in ihren Reichen lebten. Sein Stamm war es, der dem Land im Norden den Frieden sicherte.
Zwei gigantische Portale aus hrtestem Granit verweigerten jedem Scheusal ein Durchkommen. Vraccas, der Gott der Zwerge und ihr Schpfer, hatte einst die gewaltigen Steinflgel geformt und sie mit fnf Riegeln gesichert, die allein mithilfe geheimer Worte bewegt werden konnten. Nur die Hter des Pfades kannten die Losung, und ohne die rechte Formel blieb die Pforte fest versperrt.
Vor den mchtigen Tren lagen die ausgeblichenen Knochen und zertrmmerten Rstungen derer, die sich von dem Hindernis nicht hatten abschrecken lassen. Orks, Oger und andere Scheusale hatten Niederlage um Niederlage erlitten und auf blutige Weise erlebt, dass die xte der Zwerge auch nach tausenden von Sonnenzyklen noch scharf waren.
Der einsame Wchter nahm den Lederschlauch vom Grtel und trank von dem khlen Wasser, um die trockene Kehle zu befeuchten. Einige Tropfen rannen aus seinen Mundwinkeln und sickerten in den schwarzen Bart. Es hatte Stunden gekostet, das Gesichtshaar zu solch kunstvollen Zpfen zu flechten, die nun wie dnne Seile auf der Brust baumelten.
Glandallin setzte den Trinkschlauch ab und zog die Waffen aus dem Grtel, um sie auf die Brstung des aus dem Berg gemeielten Turmes zu legen. Die beiden eisernen Axtkpfe klirrten melodisch, als sie den Fels berhrten.
Ein orangeroter Sonnenstrahl strich ber die polierten Verzierungen und beleuchtete die Runen und Symbole, die dem Trger Schutz, Treffsicherheit und Ausdauer verleihen sollten.
Der Zwergenmeisterschmied und Begrnder des Stammes der Ersten, Borengar Weiesse, hatte die Klingen selbst geschmiedet und sie ihm, der aus unzhligen Schlachten am Steinernen Torweg als Sieger hervorgegangen war, zum Geschenk gemacht. Kein Orkschwert, keine Trollkeule, kein Ogerspie vermochten es, seinen 327 Sonnenzyklen langen Lebensfaden zu durchtrennen auch wenn es schon gengend finstere Kreaturen versucht hatten, wie die Narben an seinem gedrungenen Krper bezeugten. Aber auch die Macht der Inschriften und seine Rstung hatten ihm stets treu beigestanden.
So weit der Zwerg blickte, stemmte sich das Bergmassiv als bleifarbener Brocken aus dem hgeligen Land Gauragar empor, das von Menschen besiedelt wurde. Gleich einem Rckgrat wuchs es in die Hhe und schreckte den Wanderer mit Steilhngen, unsicheren Wegen und wechselhaftem Wetter, und so geschah es trotz der Reichtmer des Grauen Gebirges selten, dass sich ein Bewohner Gauragars in diese Gegend begab.
Allein sein Volk lebte in den Schatten dieser zerklfteten Gipfel. Die Zwerge vom Stamm des Fnften, Giselbart Eisenauge, errichteten ihr unterirdisches Reich im harten Fleisch des nrdlichen Hochlandes. Sie gruben Schchte, erbauten kunstvolle Hallen, schufen die heiesten Feuer und trieben Sle aus dem Fels, um fernab von Sonne und Witterung ihr Leben dem Schrfen von Schtzen und dem Schmieden zu widmen.
Glandallin betrachtete die unberwindbaren Gipfel, die in weiter Entfernung zu einem breiten, dunklen Band schrumpften. Das war seine geliebte Heimat ein Ort voller unterirdischer Schnheit, den er gegen keinen anderen eintauschen wrde.
Vraccas, der gttliche Schmied, hatte das gesamte Geborgene Land mit dem schtzenden Grtel aus Bergen umgeben, um seine Bewohner vor den Ungeheuern des Gottes Tion zu bewahren. So oblag es allein den Elben, Zwergen, Menschen und anderen Kreaturen, in Frieden miteinander zu leben.
Als er den Blick nach Norden wandte, folgten seine braunen Augen dem dreiig Schritt breiten Pass, den sie den Steinernen Torweg nannten und der in das Jenseitige Land, in unerforschtes Gebiet fhrte. Frher hatten die Menschenknige Expeditionen in alle Windrichtungen entsandt, aber nur die wenigsten waren zurckgekehrt und hatten zudem ungewollt dafr gesorgt, dass die Orks den Weg zum Tor fanden. Mit den Orks kamen die brigen Scheusale, die der Gott Tion aus Bosheit schuf, um ihnen das Leben schwer zu machen.
Forschend suchte er den Weg ab. Die Aufmerksamkeit eines Wchters durfte zu keiner Zeit nachlassen. Die Kreaturen lernten nichts aus ihren Niederlagen. Ihr finsterer, bsartiger Verstand, den Tion ihnen gab, brachte sie dazu, immer wieder gegen die Portale anzurennen, um in das Geborgene Land zu gelangen. Sie wollten alles und jeden vernichten, denn sie waren zu nichts anderem von ihrem Schpfer geschaffen.
Mal vergingen Sonnenzyklen, mal nur Umlufe, bevor sie einen weiteren Vorsto unternahmen. Bislang kamen die Horden nicht auf den Gedanken, die Angriffe in geordnete Bahnen zu lenken und mit List vorzugehen; daher blieb es beim blindwtigen Anstrmen, das fr die Angreifer stets im Blutbad endete. Die tobenden und brllenden Bestien gelangten nie weiter als bis an die Zinnen der Wehrgnge, wo die xte der Zwerge zur tdlichen Begrung ihrer harrten und von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Fleisch, Knochen und Rstungen der Ungeheuer durchtrennten. An solchen Tagen stand deren schwarzer, dunkelgrner und gelbbrauner Lebenssaft knchelhoch vor den unverwstlichen Granittoren, an denen Rammbcke und Katapultgeschosse krachend zersplitterten.